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26.08.2024
Einige Unternehmen wie Hermès oder L‘Oréal sind über 100 Jahre alt, haben beide Weltkriege überstanden und sich im Laufe der Jahrzehnte sogar zu Börsenschwergewichten entwickelt. Wie haben sie das geschafft? Was macht ihren Erfolg aus? Wolfgang Fickus, Produktspezialist bei Comgest, bespricht dies im Interview dem Trend Magazin.
trend: Luxusmarken wie Hermès und L'Oréal haben nicht nur wirtschaftliche Krisen, sondern auch zwei Weltkriege überstanden und sind heute Börsenschwergewichte. Welche zentralen Faktoren haben ihrer Meinung nach dazu beigetragen, dass diese Marken über Jahrzehnte hinweg so krisenresistent geblieben sind?
Wolfgang Fickus: Europäische Luxusunternehmen gehören zu den ältesten Unternehmen auf dem Kontinent. Hermès ist fast 200 Jahre alt, Louis Vuitton 170 und Cartier 180 Jahre. Das ist kein Zufall und macht den Charme von Luxusgütermarken aus. Die Tradition und das Erbe dieser Marken und die zahllosen Kultprodukte schaffen eine sehr krisenfeste Nachfrage. Wie Hermès, LV oder Ferrari ihren Markenwert langfristig und durch gezieltes Marketing steigern und die Angebots-Nachfrage-Gleichung mit stetiger Unterproduktion steuern ist ebenfalls einzigartig. Man achtet darauf, an wen man seine Produkte verkauft. Ziel ist es, eine Art exklusiven Klub zu schaffen, zu denen Käufer gehören wollen. Das schafft Resilienz der Nachfrage. Nicht alle Luxusgüterunternehmen schaffen diese Gradwanderung zwischen Wachstum, Steigerung des Markenwerts sowie Steuerung der Angebots-Nachfrage-Gleichung. L’Oréal, ein fast 120 Jahre altes Unternehmen, hat es im Markt für Schönheitsprodukte geschafft, über die Jahrzehnte ein einzigartiges Portfolio von mehr als 40 Schönheitsmarken aufzubauen, um gezielt alle Marktsegmente (Luxus, Massen- und Professional Markt) zu bedienen. Das globale Distributionsnetz und die Größe des Unternehmens erlauben es, regelmäßig neue Marken zu kaufen und dank Synergien erfolgreich weiterzuentwickeln und so immer wieder neue Triebfedern für organisches Wachstum zu finden. LVMH schafft das ebenfalls. Die vollständige Übernahme von DIOR im Jahr 2017 hat nach geduldigen und gezielten Investments zu einer Versiebenfachung des EBIT-Beitrags bis heute geführt. Eine große Erfolgsstory. Mit der Übernahme von Tiffany könnte LVMH eine weitere Erfolgsstory gelingen, genauso wie L’Oréal mit der Übernahme der Luxusmarke AESOP von Wettbewerber Natura.
trend: Während der COVID-19-Pandemie zeigten sich Luxusmarken besonders widerstandsfähig. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe dafür, dass Luxusgüter selbst in Zeiten globaler Unsicherheit so stark nachgefragt werden?
Wolfgang Fickus: Der hohe Grad an vertikaler Integration erlaubte es den Luxusgüterunternehmen, während der Covid-Krise weiter zu produzieren. Anders als in anderen Sektoren, wo globalisierte und hochspezialisierte Lieferketten während der Covid-19-Pandemie zusammenbrachen, sourced der europäische Luxussektor Rohmaterialien in Europa. Die Produktionstiefe ist extrem hoch, um den höchsten Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Produktion und Design sind in Europa beheimatet. Das schafft Resilienz in der Krise, denn die Lieferketten und die Produktion brechen nicht weg. Viele Unternehmen in anderen Sektoren denken nach der Covid-Erfahrung daran, ihre Lieferketten weniger komplex und global zu gestalten, weniger outzusourcen und näher am Kunden zu produzieren. So wie es die Luxusgüterindustrie seit jeher tut. Luxusmarken wie Hermes oder LV sind zeitlos und haben eine hohe Wertigkeit bzw. Wiederverkaufswert. Das schafft Vertrauen in die Produkte. Die Kundschaft ist gutbetucht und die Nachfrage daher in Krisen weniger von der Furcht vor Job- oder Einkommensverlust geprägt, die in solchen Situationen bei zyklischen Konsumgütern des Massenmarkts zu Umsatzrückgängen führen.