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Portfoliorisiko und -Rendite Steuern: Knockout Vermeiden

26.11.2020

Wolfgang Fickus

Produktspezialist

Es war die erste Niederlage des Boxers Mike Tyson in seinem 38. Profikampf1. Neun Mal hatte er seinen Schwergewichtstitel erfolgreich verteidigt. Fast fünf Jahre war Tyson der ungekrönte König im Schwergewichtsboxen. Mit jedem weiteren K.o. festigte sich sein Ruf als unverwüstlicher, ja unbesiegbarer Boxer. All das änderte sich in der Nacht des 11. Februar 1990 in Tokio, als Tyson zu Boden ging und mit ihm sein Mythos. Sein Herausforderer James Douglas, genannt Buster, schickte den Boxmeister in der 10. Runde auf die Bretter – K. o. Er sicherte sich damit Tysons Meistergürtel und einen Platz in der Geschichte des Boxens.

So wie niemand Tysons Knockout kommen sah, traf es auch die Wall Street aus heiterem Himmel, als das ehrwürdige Wertpapier-haus Lehman Brothers am 15. September 2008 Pleite ging2. Es war ein Kollaps, der so undenkbar war, dass er selbst die US-Zentral-bank auf dem falschen Fuß erwischte. Im Februar 2008 gab Ben Bernanke, damals Vorsitzender der US-Notenbank, in seinem halb-jährlichen Rechenschaftsbericht vor dem Bankenausschuss des US-Senats zu Protokoll, dass man im Zuge der Finanzkrise zwar mit Insolvenzen bei kleineren Banken rechne, „aber keine Probleme die-ser Art bei international tätigen Großbanken erwarte ...“.3 

Sind Annahmen, die auf der Performance der Vergangen­heit basieren, eine sichere Methode, um künftige Risi­ken zu quantifizieren?

Nur wenige Monate vor dem Zusammenbruch hatte Lehman Brothers seinen Bericht zum Geschäftsjahr 2007 vorgelegt. Darin beschrieb die Investmentbank auf 28 Seiten ausführlich ihr Risiko-management sowie die breite geschäftliche und geografische Diversifizierung, die „Mutter“ aller Risikominderungsstrategien. Der Bericht stellte „quantifizierbare Risiken unter Verwendung von Methoden und Modellen fest, die auf getesteten Annahmen basieren“. Weiter hieß es, man messe „den Diversifizierungsvorteil innerhalb unseres Portfolios, indem mit historischen Daten simu-liert wird, wie sich die Positionen ... verhalten hätten ...“.4

 Getestete Annahmen und simulierte Ergebnisse schienen  Lehman Brothers ein sicherer Weg, um das Risiko abzuschätzen, und  vielen Spielern ausreichend, bei Tyson angesichts seiner glorreichen Erfolge auf Sieg zu wetten. In beiden Fällen war man davon ausge-gangen, dass die Entwicklung der Vergangenheit als guter Indikator für die Zukunft taugen würde. Dem aber war und ist nicht so. Beide Wetten waren mit hohem Risiko behaftet. Die globale Finanzkrise wurde schlimmer, als man es sich in Worst-Case-Szenarien aus-gemalt hatte. Tyson schien solange unbesiegbar, bis er schließlich doch auf die Bretter ging. Und genau das ist das Paradoxon des Risikomanagements an den Finanzmärkten.

Wie gut es wirklich ist, zeigt sich erst in einer Krise. Was aber bleibt, wenn die Risikoinstrumente versagen? Ist es für einen Portfoliomanager überhaupt möglich, das Risiko unter Kontrolle zu bekommen?

Den Artikel Lesen

1  Smyth, Julie. 30 years after Mike Tyson fight, Buster Douglas is ‘feeling good’, The Chicago Tribune, 2. Februar 2020.
2  Sorkin, Andrew Ross, Lehman Files for Bankruptcy; Merrill Is Sold, The New York Times, 14. September 2008.
3  Banks should seek more capital: Bernanke, Reuters, 28. Februar 2008.
4  Lehman Brothers Holdings Inc., Form 10-K: Annual Report for the fiscal year ended 30 Nov 2007, SEC Archives, Seiten 69 – 70.